Die EU will den europäischen Eisenbahnraum vereinheitlichen, um mehr Wettbewerb auf Europas Schienen zu ermöglichen. Die entsprechende Richtlinie muss in nationales Recht übersetzt werden. Doch in Deutschland stockt der Prozess: Seit Monaten streiten Bundesregierung und Bundesrat über das sogenannte Eisenbahnregulierungsgesetz. Die größte Hürde ist das Thema Trassen- und Stationsentgelte. Eine Einigung muss rasch gelingen.
Jedes Unternehmen, das hierzulande Bahnen betreibt, muss Entgelte für die Nutzung von Trassen und Stationen bezahlen. Diese Infrastrukturentgelte verschlingen bei den Betreibern erhebliche Summen, Beispiel Schienenpersonennahverkehr (SPNV): Rund 40 Prozent ihrer Einnahmen müssen die SPNV-Unternehmen inzwischen für die Entgelte aufbringen.
Gut 3,7 Milliarden Euro zahlen sie jedes Jahr. Zwar erhalten die Bahnbetreiber in Form der sogenannten Regionalisierungsmittel jährlich steigende Zuschüsse vom Bund. Doch während die Trassenentgelte beispielsweise zwischen 2010 und 2014 um gut zwölf Prozent zugenommen haben, stiegen die Regionalisierungsmittel um gerade mal sechs Prozent. Den Rest müssen die SPNV-Unternehmen aus eigener Tasche zahlen – und an anderer Stelle einsparen. Die Folgen: Die Qualität der Angebote leidet, Angebote müssen ausgedünnt oder die Preise für Kunden angehoben werden.
Im Rahmen des neuen Eisenbahnregulierungsgesetzes will der Gesetzgeber daher klare Grenzen zugunsten des SPNV ziehen. So sah der erste Gesetzesentwurf vor, den Anstieg der Trassen- und Stationsentgelte zwingend an die Höhe der Regionalisierungsmittel zu koppeln. Jedoch: In der vom Bundeskabinett im Januar 2016 vorgelegten Fassung findet sich diese Regelung plötzlich nicht mehr wieder. Stattdessen werden die Inhaber der Schienenwege lediglich dazu angehalten, die Höhe der Regionalisierungsmittel zu „berücksichtigen“ – ausdrücklich eine Soll- und keine Muss-Vorschrift. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme vom März 2016 sein Veto eingelegt und fordert eine verbindliche Preisbremse für die Entgelte entsprechend dem jährlichen Anstieg der Regionalisierungsmittel von 1,8 Prozent.
Der SPNV braucht beides: eine starke Infrastruktur und attraktive Angebote mit modernen, extrem klimaschonenden Fahrzeugen. Dafür muss genug finanzieller Spielraum bleiben. Die Finanzmittel dürfen nicht ausgehöhlt werden. Deshalb muss der Anstieg der Infrastrukturentgelte, orientiert am Anstieg der Regionalisierungsmittel, verbindlich begrenzt werden.
Vor allem folgende Punkte werden derzeit diskutiert:
Die Zeit drängt Bundesregierung und Bundesrat müssen sich rasch einigen, denn Deutschland braucht einen starken SPNV. Und: Schon im Juni 2015 hätte die EU-Richtlinie zur Vereinheitlichung des europäischen Eisenbahnraums umgesetzt sein müssen. Es muss jetzt ein kluger Konsens mit Augenmaß gelingen, der verbindlich beides leistet: die Infrastruktur stärken und zugleich neue Fahrzeuge für unseren SPNV sichern. Mit Recht erwarten die Bürgerinnen und Bürger künftig mehr Angebote im SPNV.