Der Schienengüterverkehr muss hörbar leiser werden. Rund 17 Prozent der Bevölkerung hierzulande fühlen sich von ihm belästigt. Starke Lärmbelastungen sind gesundheits-gefährdend. Und es geht leiser. Die Bahnindustrie liefert und entwickelt Lösungen. Diese müssen rasch eingesetzt werden. Mit dem Schienenlärmschutzgesetz hat die Bundes-regierung nun klar gestellt: Ab dem Fahrplanwechsel 2020/2021 dürfen grundsätzlich keine lauten Güterwagen mehr das Netz befahren. Die Bahnindustrie in Deutschland unterstützt das Verbot. Doch das Gesetz ist nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einem superleisen Schienengüterverkehr.
Dass der Güterverkehr auf der Schiene zu laut ist, liegt vor allem an noch immer verwendeten alten Bremsklötzen aus Grauguss. Diese rauen bei jedem Bremsen die Räder des Zuges auf – und raue Räder verursachen Lärm. Ähnlich wie eine unsauber geschliffene Kugel lauter auf dem Tisch rollt als eine glatte Glasmurmel. Dabei gibt es mit modernen Verbundstoff-Bremssohlen längst Flüsterbremsen. Der Effekt ist beeindruckend: Ein glattes Rad auf glatter Schiene verursacht gut zehn Dezibel weniger Lärm – das entspricht einer Halbierung des wahrgenommenen Geräusches.
2016 lag der Anteil leise gefahrener Trassenkilometer in Deutschland bereits bei 23,4 Prozent. Dabei gelten Trassenkilometer dann als leise, wenn der Zug zu mindestens 90 Prozent aus leisen Neuwagen oder umgerüsteten Wagen besteht. 2013 lag der Anteil noch bei 7,7 Prozent. Das ist ein beeindruckender Erfolg. Doch es muss weitergehen. Das im Mai abschließend beschlossene Schienenlärmschutzgesetz verbietet ab dem Fahrplanwechsel 2020/21 den Einsatz lauter Güterwagen. Laut ist dabei, wer die in der europäischen Verordnung „TSI Noise“ festgelegten Grenzwerte überschreitet. Das Gesetz stärkt die wegweisende Politik der letzten Jahre: Schon seit 2012 fördert der Bund die Umrüstung von Bestandsfahrzeugen aus einem Fördertopf in Höhe von 152 Millionen Euro. Wer seine Wagen etwa mit einer leisen Bremssohle ausstattet, erhält bis zu 50 Prozent der Kosten erstattet. Seit 2013 gilt, dass Unternehmen für die Verwendung lauter Güterwagen höhere Trassenpreise bezahlen als für leise Güterwagen.
Die Maßnahmen werden den Güterverkehr auf der Schiene deutlich leiser machen. Doch nicht nur an neuralgischen Punkten wie dem Rheintal oder der Strecke Hamburg-Hannover, sondern insgesamt sollte der Lärmpegel in Zukunft weiter sinken. Umfassende ehrgeizige Maßnahmen sollten neben den Fahrzeugen auch die Infrastruktur und den Betrieb einschließen:
Der Masterplan Schienengüterverkehr – derzeit im Rahmen eines Runden Tisches zwischen Politik, Industrie und Betreibern in Erarbeitung – kann die Route für den Schienengüterverkehr der Zukunft abstecken. Nur mit wirksamem Lärmschutz kann die Logistik auf der Schiene künftig wachsen.
Um den Erfolg der bisherigen Maßnahmen bewerten zu können, sollen bundesweit 17 Messstationen installiert werden. Zuggenau kann so nachverfolgt werden, wo Lärmgrenzen überschritten wurden. Das Eisenbahn-Bundesamt kontrolliert, wie im Schienenlärmschutzgesetz vorgesehen, die Durchsetzung dieses Gesetzes. Bei Verstößen droht eine Geldbuße von bis zu 50 000 Euro.
Aber 2020 ist nur ein Etappenziel. Lärmschutz hört danach nicht einfach auf. Die nächste Bundesregierung muss nach 2020 anspruchsvolle neue Grenzwerte setzen, für deren Einhaltung die Bahnindustrie superleise Lösungen entwickeln wird. Der Bund ist daher gefordert, die Grundlagenforschung, angewandte Forschung und Pilotversuche kraftvoll weiter zu unterstützen.