Schiene ist Industriepolitik. Die Bahnindustrie in Deutschland ist ein wichtiger Arbeitgeber, Innovator und Wirtschaftstreiber. Schienentechnologien steigern die Kapazität, Resilienz und Energieeffizienz des Eisenbahnverkehrs, während sie Emissionen im Verkehr reduzieren. Doch ausbleibende Investitionssicherheit, eine zunehmende Bürokratisierung, der verzerrte internationale Wettbewerb sowie der Fachkräftemangel bremsen die Bahnindustrie in ihrem Potenzial aus.
Der VDB fordert die Bundesregierung dazu auf, neue grüne Leitmärkte durch gezielte Rahmensetzung anzureizen. Europa wird der Schritt zum ersten klimaneutralen Kontinent erst dann gelingen, wenn die nachhaltige Transformation, den Industriestandort und dessen Wettbewerbsfähigkeit steigert statt sie zu gefährden. Nur so wird das Modell der Dekarbonisierung weltweit Nachahmer finden.
Die Wettbewerbsfähigkeit der Bahnindustrie muss in sechs zentralen Aktionsfeldern strategisch gestärkt werden.
Die Schiene muss als innovative und global relevante Mobilitätsindustrie zu einem prioritären Sektor avancieren, um ihrer tragenden Rolle für Wirtschaft, Gesellschaft und Klimaschutz gerecht werden zu können.
Der Fachkräftemangel betrifft, insbesondere durch den demographischen Wandel, auch zunehmend die Bahnindustrie.
Es müssen attraktivere Rahmenbedingungen für deutsche Standorte geschaffen werden.
Moderne Vergabeverfahren müssen Innovationen belohnen und schneller in den Alltag der Menschen übersetzen. Im Bahnsektor werden noch 92% der Ausschreibung zu 100% nach billigstem Anschaffungspreis vergeben. Innovationen fallen so zunächst durch den Rost, der Wettbewerb um die beste nachhaltigste Lösung wird ausgebremst und das Risiko für höhere Kosten in der Entwicklung und im gesamten Lebenszyklus sowie für Nachträge und Budgetüberschreitungen steigt.
Die Bahnindustrie in Deutschland ist eine international erfolgreiche Exportindustrie. 35% ihres Umsatzes generiert sie im Export, knapp 40% der Auftragseingänge stammten 2023 aus dem Ausland. Doch der internationale Wettbewerb gerät im Bahnmarkt zunehmend in Schieflage: Weltweit sind für europäische Unternehmen lediglich 59% des Bahnmarktes zugänglich. 2022 waren es noch 62%. Der europäischen Bahnindustrie entgehen so 3 Mrd. EUR im Jahr. Der Bund muss der Bahnindustrie in Deutschland und Europa im Binnenmarkt einen fairen, Wettbewerb ermöglichen und ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit strategisch stärken.
Wachsende Bürokratie inklusive unverändert aufwändiger Planungs- und Genehmigungsverfahren ist eine der großen Herausforderungen, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen am Standort Deutschland. Insbesondere KMU müssen durch Bürokratieabbau entlastet werden.
Mehr staatliche Investitionen in die Schiene erfordern mehr Zwischenfinanzierung von Banken. Bankkredite sind aufgrund immer strengerer Rahmenbedingungen für Kreditvergaben deutlich teurer geworden. Darüber hinaus erhalten Auftragnehmer, an die staatliche Aufträge fest vergebene wurden, zunehmend Finanzierungsabsagen. Bürgschaften können diese Lücke füllen und die Sicherung der dünner gewordenen Liquiditätsdecke (nach Corona, Finanz- und Energiekrise sowie Rezession) unterstützen. Dies ist insbesondere für familiengeführte Mittelständler relevant, die nach wie vor die Ideenschmiede bei der Komponentenzulieferung an Systemhäuser sind und viele als “Hidden Champions” das Rückgrat der deutschen Industrie bilden.
Bundesbürgschaften vereinfachen: Viele bahnindustrielle KMU finanzieren sich ausschließlich über An- und Zwischenzahlungen der Kunden.
Vorauszahlungen zum Standard machen: Unternehmen der Bahnindustrie werden zusätzlich durch schwierige Zahlungsbedingungen in Verträgen mit öffentlichen Stellen belastet.
Schiene ist Industriepolitik