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Themen Digitalisierung

Digitale Schiene Deutschland

Die Bahnindustrie in Deutschland steht als verlässlicher Partner bereit für eine neue Ära des Schienenverkehrs.

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Auf der Schiene in die Zukunft

Was der Ausbau der Schienenwege für das 19. und 20. Jahrhundert war, bedeutet die Digitalisierung des Schienennetzes für das 21. Jahrhundert. Schiene 4.0 ist die Schlüsseltechnologie umweltschonender Mobilität "made in Germany" und wichtiger Konjunkturmotor für unsere Branche. Intelligente Innovationen tragen zu Klimaschutz und Wohlergehen heutiger und künftiger Generationen bei: Automatisierte Metros und S-Bahn-Züge, die bis zu 30 % Energie einsparen, immer pünktlich und nie überfüllt sind. High-Speed-Züge, die Metropolen Punkt-zu-Punkt so schnell verbinden wie Flugzeuge. Ein grenzenloses Europa durch Vereinheitlichung in der Zugsicherungstechnik. Schiene 4.0 macht es möglich. DSTW/ETCS ist die Basisinfrastruktur für die Digitale Schiene Deutschland.

Das deutsche Schienennetz ist der Struktur nach sehr gut, aber infolge grober Unterfinanzierung teilweise in marodem Zustand. Teils stammt die Stellwerkstechnologie in Deutschland noch aus Kaiserzeiten. Das Gesamtsystem von Infrastruktur, Fahrzeugen und Stellwerken muss synchron modernisiert und digitalisiert werden. Dies geschieht bisher viel zu langsam und zu sporadisch. Die Finanzierung muss gewährleistet sein und auch eine notwendige Aus- und Umrüstung von Schienenfahrzeugen mit der korrespondierenden ETCS-Technik abbilden. Nur in gemeinsamer Verantwortung können Politik, Betreiber und Industrie die Zukunft einer digitalen, klimafreundlichen Mobilität auf der Schiene bereits heute Wirklichkeit werden lassen.

Ambitionierten Zielen von Politik und Branche muss nun eine konsequente Umsetzung folgen. Mit einem Konzeptvorschlag möchte der VDB einen kostruktiven Beitrag zur Roll-Out Strategie von digitaler Leit- und Sicherungstechnik und ETCS beisteuern.

Digitale Schiene Deutschland - Plus für Klima

Um die ambitionierten Klimaschutzziele Deutschlands und Europas umzusetzen, braucht auch der Verkehrssektor zukunftsfähige Strategien und politische Rahmenbedingungen. Der Verkehrssektor fährt derzeit noch an den Klimaschutzzielen vorbei, konnte als einziger großer Sektor in Deutschland seit 1990 seine absolute Klimabilanz nicht verbessern. Nur eine digitalisierte Schiene kann bei doppeltem Verkehrsaufkommen bis 2030 rund 24 Mio. t CO2-Äq. Emissionen einsparen. Das entspräche einem Potenzial von fast der Hälfte des laut Klimaschutzplan der Bunderegierung nötigen Emissionsminus in der Mobilität (50 Mio. t CO2 Klimalücke). Schiene 4.0 ist die Schlüsseltechnologie einer neuen Ära: hocheffizient, nahezu emissionsfrei, besser für das Klima, die Lebensqualität, die Wirtschaft - und "Made in Germany". Schiene 4.0 bedeutet mehr Mobilität, bei weniger Emissionen. Nur mit der digitalen Schiene 4.0 sind die Ziele der EU, bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent zu werden, umsetzbar.

Digitale Schiene Deutschland - Plus für die Konjunktur

Vorgezogene Investitionen in intelligente Infrastruktur stellen einen wichtigen Konjunkturmotor für die Bahnbranche dar. Positive Beschäftigungseffekte würden sofort spürbar werden. Eine beschleunigte Digitalisierung kann gemäß Hochrechnungen die Grundlage für bis zu 10.000 industrielle Arbeitsplätze schaffen. Investitionen in Schiene 4.0 stützen auch die oft mittelständischen, in Deutschland ansässigen Unternehmen, die das Bahn-Infrastruktur-Geschäft beliefern. 

Die Digitalisierung der Schiene ist darüber hinaus zentraler Hebel zur Dekarbonierung der Logistik in Europa. Klimaschonend, kaum Feinstaubemissionen – kein Verkehrsträger bringt Güter umweltfreundlicher von A nach B als der Schienenverkehr. Das ist umso relevanter, da das Verkehrsaufkommen kraftvoll wachsen wird. Um die steigenden Verkehrsströme abbilden zu können muss durch die Digitalisierung des Schienengüterverkehrs die Kapazität gesteigert werden und grenzüberschreitender Verkehr nahtlos möglich werden. Für den nachhaltigen Wirtshcftastandort Deutschland.

Plus für den Kundenkomfort

Nur beste Angebote werden mehr und mehr Menschen überzeugen die klimafreundliche Bahn zu nutzen. Nur mit besten Angeboten sind die Ziele des Koalitionsvertrags, die Verdopplung der Fahrgastzahlen auf der Schiene, erreichbar. Und nur über eine beschleunigte Digitalisierung der Schiene lassen sich schnell und zuverlässig beste Angebote auf der Schiene realisieren.

Zuverlässig ans Ziel. Digitale Stellewerke erhöhen die Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der Schiene. Intelligente Weichen geben Alarm bevor Sie kaputt gehen. Ausfälle werden vermieden, der Zugverkehr läuft wie geplant weiter. Züge sind pünktlich und alle Verbindungen werden künftig erreicht.

Schneller ans Ziel. Digitale Stellwerke bilden eine unverzichtbare Grundlage für das European Train Control System (ETCS). ETCS ermöglicht High Speed Strecken, die Metropolen Punkt-zu-Punkt so schnell verbinden wie Flugzeuge. Deutschland (Berlin-München), Spanien (Barcelona-Madrid) und Frankreich (Paris-Lyon) machen es vor. 

Sicher ans Ziel. Mobil in Zeiten von Corona? Aber sicher! Durch Automatisierung lässt sich die Taktung der Fahrzeuge erhöhen. Auf diese Weise kann ein identisches Passagieraufkommen bewältigt werden – durch mehr Züge, die weniger Menschen pro Fahrzeug transportieren. Über in und an den Fahrzeugen verbaute Sensoren lässt sich die Auslastung der einzelnen Wagen in Echtzeit ermitteln. Die Fahrgäste können so bereits am Bahnsteig darüber informiert werden, in welchem Wagen sich wie viele Personen aufhalten.

Intermodal ans Ziel. Digitalisiert lassen sich verschiedene Verkehrsträger intermodal miteinander vernetzen. Im Personenverkehr bedeutet dies nahtloses Reisen von der Haustür bis zum Reiseziel. Trams und Metros erreichen alle Fernbahnhöfe – ob für Bus oder Bahn. Züge bringen regelmäßig, pünktlich und zuverlässig Fahrgäste direkt zum Flughafen. Alles zeitlich aufeinander abgestimmt und über eine App auf dem Handy buchbar. 

Generische Liefer- und Leistungsmatrix für den nachträglichen Einbau von ETCS-Bordausrüstung bei Schienenfahrzeugen des Bestandes

Eine ausreichende Menge von Schienenfahrzeugen mit ETCS-Bordausrüstung ist ein wichtiger Faktor für beschleunigte Digitalisierung der Infrastruktur unter Vermeidung von Doppelausrüstung mit verschiedenen Systemen der Leit- und Sicherungstechnik. Umso wichtiger ist es, einen schnellen Einstieg in die Ausrüstung von Bestandsfahrzeugen mit ETCS-Bordgeräten zu finden. Anhand einer Liefer- und Leistungsmatrix (LuL) listet der VDB die Kriterien zur Strukturierung von ETCS-OBU Ausrüstungsprojekten systematisch auf.

Info-Box

Was ist ETCS?

ETCS - European Train Control System.

ETCS ist neben GSM-R (Funksystem für den Informationsaustausch zwischen Strecken und Zügen) eine Grundkomponente von ERTMS (European Rail Traffic Management System), dem Europäischen Eisenbahnverkehrsleitsystem.

ETCS ist das einheitliche Europäische System für Zugsteuerung und Zugsicherung.

Warum ETCS?

Ein Zug der quer durch Europa fährt hat derzeit, je nach Einsatzgebiet, Ausrüstung für bis zu sieben nationale Zugbeeinflussungs- bzw. Signalgebungssysteme an Board (Europaweit gibt es mehr als 20 nicht miteinander kompatible nationale Systeme). Das bedeutet zugehörig eine Vielzahl von Anzeigen für den Fahrzeugführer sowie anhängende Sensorik. Darüber hinaus gestalten sich die Systemübergänge an den Landesgrenzen aufwendig.

Es ist ein Anliegen der EU für den gesamten Eisenbahnverkehr der EU ein einheitliches System zu schaffen, um eine Verbesserung der Interoperabilität und einheitliche Betriebsführung voranzutreiben. Ein wesentlicher Punkt ist dabei auch, dass ein gleich hohes Sicherheitsniveaus im Eisenbahnverkehr der EU-Staaten erreicht werden soll, was vom hohen gesellschaftlichen Interesse ist.

Die EU hat dazu Rechtsakte (EU-Richtlinien) erlassen, die die Ausrüstung mit dem Zugsicherungssystem ERTMS/ETCS vorschreiben.

Wie funktioniert ETCS?

Für die ETCS-Funktionalität ist das System mit zwei relevanten Anwendungsstufen verfügbar, dem sogenannten ETCS Level 1 und ETCS Level 2.

Beim ETCS Level 1 erfolgt prinzipiell die Datenübertragung von der Strecke zum Fahrzeug punktuell über im Gleis verlegte Balisen zu der am Schienenfahrzeug vorhandenen Balisenantenne. Die zu übermittelnden Informationen sind z.B. Streckenprofil, Höchstgeschwindigkeiten und Haltepunkte an Signalen. Die ETCS-Fahrzeugausrüstung kann damit kontinuierlich die Einhaltung der erlaubten Fahrtrichtung und Geschwindigkeit überwachen.  Weiterhin wird ihr die Information vorgelegt, ob das zu befahrende Gleis frei oder durch einen anderen Zug besetzt ist. Bei Notwendigkeit wird eine Zwangsbremsung ausgelöst, damit keine Gefahr für Mensch und Material besteht.

Beim ETCS Level 2 erfolgt eine ständige Datenübertragung von der Streckenzentrale zum Fahrzeug via GSM-R.

Wann wird ETCS eingesetzt?

Die EU schreibt die Ausrüstung von Streckenneubauvorhaben und -umrüstungen gemäß ERTMS European Deployment Plan – EDP – vor. Der EDP setzt die Fristen für die Umsetzung von ERTMS/ETCS in Europa. Er zielt darauf ab, den fortschreitenden Einsatz von ERTMS/ETCS entlang der wichtigsten europäischen Schienenwege sicherzustellen.

Freiwillig kann jeder Nationalstaat über die Vorgaben des EDP hinaus die Umsetzung von ERTMS/ETCS ausüben, siehe Schweiz oder Dänemark.

Konzeptvorschlag für industrielles DSTW/ETCS-Rollout

Am 23. September 2019 haben Bahnverbände und die Deutsche Bahn AG, unter Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), eine MoU für die gemeinsame Umsetzung der Digitalen Schiene Deutschland unterzeichnet. Die Bahnindustrie veröffentlicht in diesem Zusammenhang ihren Konzeptvorschlag zum industriellen Ausbau digitaler Stellwerke (DSTW) und ETCS.

Der Umsetzungsvorschlag der Industrie sieht faktisch einen frühestmöglichen vollständigen Rolloutbeginn DSTW/ETCS ab 2022 vor. Gleichzeitig schlägt die Industrie geeignete Strukturen für eine beschleunigte Digitalisierung des Schienennetzes vor. Die vorgezogene Ablösung der Alttechnik und die volle Nutzung der Digitalisierung würde für den Betrachtungszeitraum zu einem geschätzten zusätzlichen Produktivitätsgewinn von über 4 Mrd. Euro gegenüber bisherigen Rollout-Szenarien führen. Der Vorschlag der Industrie beinhaltet sieben Programmbestandteile für Infrastruktur und Fahrzeuge:

  • Infrastruktur: Ablösung der Alttechnik im 1:1-Austausch des Bestandes bis 2029
  • Infrastruktur: Upgrade Elektronische Stellwerke, Integration in Steuerzentralen bis 2030
  • Infrastruktur: Ersatz Spurplan-Relaisstellwerke, Projektdefinition und -priorisierung überwiegend nach Korridor- und Oberbauprojekten
  • Fahrzeuge: Referenzlösung Fahrzeugumrüstung, ca. 100 Baureihen
  • Fahrzeuge: Umrüstung Bestand Fahrzeuge, weniger als ca. 9.000 Fahrzeuge potenziell betroffen
  • Fahrzeuge: Doppelausrüstung Neufahrzeuge (ETCS/PZB) - weniger als 2.000 Fahrzeuge betroffen
  • Begleitprojekte: Regelwerksanpassung, Technikprojekte, Gesetzesprojekte, Organisation

Ein industrieller Rollout ab 2022 ist dringend erforderlich, um die geplante Mobilitätswende mit einem leistungsfähigeren und zuverlässigeren Schienenverkehr erreichen zu können. DSTW/ETCS ist die Basisinfrastruktur für die klimaschonende Mobilität der Zukunft. Die Industrie will gemeinsam mit dem Bund und der DB AG den Rollout zu einem Erfolgsmodell für den Standort Deutschland machen.

Die Kurzfassung des Konzeptvorschlags finden Sie zum Download hier.

Die Langfassung des Konzeptvorschlags finden Sie zum Download hier.

VDB-Konzeptvorschlag: Aus- und Umrüstung von Schienenfahrzeugen mit ETCS-Bordgeräten

Für einen Flächenrollout von ETCS müssen auch Schienenfahrzeuge entsprechend digital nachgerüstet werden, mit sogenannten On-Board-Units (OBUs). Wenn Strecken bis 2035 mit ETCS betrieben werden sollen, muss jetzt mit der Fahrzeugausrüstung begonnenen werden. Wie die Umrüstung der Fahrzeuge in der Praxis gelingt, hat der VDB in einem Konzeptvorschlag aufgeschlüsselt.

Mit dem vorliegenden Konzeptvorschlag möchte der VDB eine fundierte Entscheidungshilfe - quasi eine „Landkarte“ - zur Orientierung für das komplexe Thema der Ausrüstung von Bestandsfahrzeugen mit ETCS zur Verfügung stellen.

Neufahrzeuge sollten ab 2021 nur noch mit ETCS-Fahrzeugeinrichtungen ausgeschrieben werden. Rund 12.750 Bestandsfahrzeuge sind bis 2030 in drei Ausrüstungsklassen mit ETCS-OBUs auszurüsten. Erfolgskritisch sind jetzt die richtigen Weichenstellungen hinsichtlich KoordinationOrganisation und Mittelbereitstellung: Nur mit einer grundlegenden Veränderung der heutigen Vorgehensweisen ist die weitestgehende Aus- und Umrüstung der Bestandsflotte bis 2030 realisierbar. Die Bahnindustrie in Deutschland steht als exzellenter Technologiepartner für die Umsetzung bereit.

Der VDB ist sicher: Flächendeckende ETCS-Ausrüstung von Schienenfahrzeugen wird gelingen. Dafür steht die industrielle Leistungsfähigkeit der Bahnindustrie. Die vorlaufenden Weichen – einschließlich der Finanzierung – müssen jetzt richtig gestellt werden.

Den Konzeptvorschlag finden Sie zum Download hier.

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